LK 1068, 2621614 / 1265563. Höhe 270 m
Datum der Grabung: 4.3.-18.4.2019 (2. Kampagne Grabung) 23.4.-27.9.2019 (Baubegleitung).
Bibliografie zur Fundstelle: JbAK 4, 1984, 52f.; 8, 1988, 40-43; 19 1998, 58-60; 40, 2019 (im Druck); JbAS 102, 2019, 186 f.
Geplante Notgrabung (Umnutzung und Unterkellerung). Größe der Grabung ca. 205 m²
Spätantikes Kastell.

Die Ortsbürgergemeinde von Kaiseraugst baut das „Bolingerhaus“ im Dorfkern zu einem Haus der Vereine um. Im Rahmen dieser baulichen Maßnahmen ist der im Osten angebaute Ökonomieteil ausgekernt und mit einem Untergeschoss versehen worden. Bezogen auf die antike Topografie liegt die betroffene Parzelle 92 unmittelbar an der Ostflanke des spätantiken Castrum Rauracense im Bereich der Berme sowie des Wehrgrabens. Im Berichtsjahr ist die Ausgrabung Bolingerhaus mit einer zweiten Kampagne fortgesetzt und abgeschlossen worden. Dabei konzentrierten sich die Arbeiten auf den Garten südlich des Hauses. Hier konnte erneut der jüngere Wehrgraben ausgegraben werden. Zudem bot sich nun auch die Gelegenheit, den älteren Graben zu untersuchen. Parallel dazu sind die Bauuntersuchungen im Innern des Bolingerhauses fortgesetzt worden. Nach Abschluss der regulären Grabung wurden auch die Werkleitungsarbeiten eng begleitet.
Von der Baugrube ist ein rund 17 m langer Abschnitt des älteren Grabens tangiert worden. Die gesamte Breite wurde nicht erfasst, da lediglich die Westhälfte mitsamt der Grabenspitze innerhalb der Baugrube lag. Das Befestigungsbauwerk präsentiert sich hier wiederum als flacher Spitzgraben. Der Böschungswinkel beträgt etwa 20°, und die westliche Böschung ist einmal leicht abgetreppt und mit einer Pflasterung aus Geröll befestigt. Die erfasste Breite (Westböschung inkl. Grabenspitze) beträgt rund 6 m. Aufgrund der Aufschlüsse von 1997 und 1999 etwas weiter südlich, bei denen jeweils auch die östliche Grabenkante erfasst worden war, ist davon auszugehen, dass das Bauwerk hier mindestens 10-12 m breit war. Die erhaltene Grabentiefe beträgt 2,6 m und reicht bis in den anstehenden Schotter. Wann der Graben hier aufgegeben und verfüllt worden ist, wird sich nach Analyse der daraus geborgenen Funde und C14-Proben klären.
Daneben konnte noch einmal ein rund 9 m langer Abschnitt des jüngeren Wehrgrabens ausgegraben werden. Er verläuft hier parallel zum älteren, wobei er ihn im oberen Randbereich schneidet. Der Sohlgraben ist rund 3 m breit, mit einer Tiefe von 1,8 m und einem Böschungswinkel von rund 50°. Wie bereits in der ersten Kampagne konnte im westlichen Grabenvorfeld ein rund 1,5 m breiter Abstich beobachtet werden. Dieser war jedoch hier nicht mehr abgetreppt. Aufgrund von Pfosten- und Balkennegativen ist es wahrscheinlich, dass die westliche, dem Kastell zugewandte Grabenböschung mit einer Holzkonstruktion stabilisiert worden war. Eine Ausfachung bzw. Stabilisierung war aufgrund des steilen Böschungswinkels und des losen Untergrundes notwendig. Anders als am Südtor, wo man die steile Böschung mit einem Lehmausstrich festigte, wurde hier offenkundig eine andere Konstruktionsweise gewählt. Wenige frühmittelalterliche Keramikfragmente aus seiner Verfüllung liefern einen ersten Datierungshinweis ins 6./7. Jh. n. Chr.
Bei Werkleitungsarbeiten nördlich des Bolingerhauses kamen zudem ein bisher unbekannter Abschnitt der Kastellmauer sowie das Fundament von Turm 12 zum Vorschein. Turm 12 dürfte der südliche Turm des Osttores sein, von dem bisher nur wenig bekannt war. Überraschenderweise lagen die Mauer und der Turm unmittelbar unter dem geteerten Zugangsweg und die Mauer war stellenweise noch bis zu einem Meter hoch erhalten. Wie bereits in der vorhergehenden Kampagne bei Turm 10 festgestellt, liegt auch Turm 12 weiter nördlich als bisher angenommen. Er verschiebt sich um 7 m nach Norden, was bedeutet, dass auch das Osttor weiter nördlich zu verorten ist.

Archäologische Funde: Bronze, Eisen, Keramik, Glas, Knochen, Stein; im Römermuseum Augst
Faunistisches Material: unbestimmt; im Römermuseum Augst. Probenentnahmen: Mikromorphologische Proben, C14-Proben, unbestimmt; im Römermuseum Augst; Mörtelproben, in Bearbeitung.
Datierung: archäologisch. Spätantike; Frühmittelalter; Hoch- und Spätmittelalter; Neuzeit.
KA AG J. Baerlocher.