LK 1091, 2682 855/1 246 125. Höhe 405 m.
Datum der Grabung: 1.10.2021-28.2.2022.
Alte Fundstellen Zürich-Enge, Breitingerstrasse und Zürich-Enge, Mythenquai 20-28 (Mythenschloss).
Bibliografie zur Fundstelle: JbSGUF 67, 1984, 180-184; 11. Ber. Zürcher Denkmalpflege 1983-1986, 1995, 212-213; AIZ 1993 1994. Ber. KA Zürich 13, 1996, 49-50; JbAS 95, 2012, 166-167; JbAS 101, 2018, 177; Archäologie im Kanton Zürich - Kurzberichte zu den Projekten 2019, 33-34 https://doi.org/10.20384/zop-16; 2020, 33 https://doi.org/10.20384/zop-17; 2021, 41-42 https://doi.org/10.20384/zop-766.
Geplante Notgrabung (Kanalisationssanierung). Grösse der Grabung 340 m² Seeufersiedlungen, organisch erhaltene Kulturschichten.

Im Herbst und Winter 2021/22 wurde die Kanalisation am Mythenquai saniert. Das Gebiet am linken Ufer des Zürichsees war erst im 19. bzw. 20. Jh. aufgeschüttet worden. Für die Erneuerung der Schmutzwasserleitung wurde auf der gesamten Länge des Quais ein neuer, 1-2 m breiter Graben bis unter die neuzeitliche Aufschüttung ausgehoben. Vor der Einmündung der Breitingerstrasse in den Mythenquai wurde auf etwa 50 m Länge ein Pfahlfeld mit Pfahlschuhen aufgeschlossen. Die Schicht und das Pfahlfeld dürften zur frühbronzezeitlichen Fundstelle gehören, die bereits 1994 vor der Rentenanstalt am Mythenquai 40 nachgewiesen worden war. Rund 20 m südlich der Marsstrasse erstreckte sich ein weiteres Pfahlfeld bis vor die Einmündung der Sternenstrasse in den Mythenquai. Es gehört zur bekannten Fundstelle, die 1983 im Areal Mythenschloss rund 12 m weiter westlich ausgegraben worden war. Die damals nachgewiesene Stratigraphie fand sich auch im Kanalgraben. Sie war in beiden Aufschlüssen wenig nördlich der Sternenstrasse am deutlichsten ausgeprägt und umfasste eine 10-15 cm dicke schnurkeramische Schicht aus organischem Detritus mit aufgelagertem Reduktionshorizont und darunter eine zentimeterdünne Horgener Schicht, beide eingelagert in Seekreide. Die Horgener Schicht war nur partiell als organischer Detritus ausgeprägt, mehrheitlich überwog die aus einem feinen grauen Silt bestehende mineralische Komponente. Darin eingebettet fanden sich mindestens zweiphasige Linsen aus blaugrauem Lehm.
Die aus organischem Material bestehende schnurkeramische Schicht wird über weite Strecken durch einen deutlichen Horizont aus Holzkohle zweigeteilt, zudem sind feinstratigraphisch zwei bis drei Phasen von Lehmlinsen zu unterscheiden. Es handelt sich um die Reste einer Bebauungsabfolge. Die Holzkohleschicht belegt ein markantes Brandereignis, das indes nicht unbedingt in der untersuchten Fläche stattgefunden haben muss. Die Holzkohle kann auch bei einer kurzen Überflutung des Geländes zusammengeschwemmt worden sein. Eine dichte Lage aus Bruchsteinen schliesst das schnurkeramische Schichtpaket gegen den darüberliegenden Reduktionshorizont ab. Keramik mit typischem Vinelzer Muster von der Basis des organischen Schichtpakets datiert in die ältere Schnurkeramik, Material der jüngeren Schnurkeramik ist auf den ersten Blick nicht auszumachen. Nach Norden verlieren sich beide neolithischen Schichten noch vor dem Ende des Pfahlfelds in dünnen, vollständig bzw. vorwiegend siltig-sandigen Horizonten. Im Süden fallen sie noch vor der Sternenstrasse auf wenigen Metern etwas ab. Von der Oberkante her löst sich die schnurkeramische Schicht dabei vollständig auf und wird von jüngerer Seekreide kreuzschichtig überlagert. In den organischen Detritus ist eine sandig-kiesige Komponente eingemischt. Die Strukturen und die Zusammensetzung der Komponenten lassen auf einen von Nordosten nach Südwesten streichenden Brandungsstreifen schließen. In prähistorischer Zeit verlief der Strand offenbar quer zum historisch-neuzeitlichen Seeufer, an dem sich auch die heutige Quaifront orientiert. Mit dem Brandungsstreifen wurde nicht nur erstmals der südliche Rand der Fundstelle Zürich-Enge, Mythenschloss konkret erfasst, sondern zugleich ein Grund für die Begrenzung der Siedlungszone gefunden.
Wie schon in den Ausgrabungen 1983 wurde wenig über der schnurkeramischen Kulturschicht ein Horizont aus grauem Silt mit spätbronzezeitlichen Funden des 11. Jh. v. Chr. festgestellt. Dazu fanden sich nun auch Pfähle mit Pfahlschuhen, die eine spätbronzezeitliche Besiedlung der Fundstelle Mythenschloss eindeutig belegen.

Archäologische Funde: Keramik, Stein, Silex, Holz, Textil.
Faunistisches Material: Knochen.
Probenentnahmen: 600 Dendroproben, organisches Material für C14-Datierungen, 20 Profilkolonnen Mikromorphologie, 12 Profilkolonnen mit Schichtproben für botanische Untersuchungen.
Datierung: archäologisch. Neolithikum, Horgen, Schnurkeramik; Frühbronzezeit, Spätbronzezeit. C14 ETH-129 669, 4122 ± 23 BP, 2866-2580 BC, cal. 2 sigma; ETH-129 670, 4146 ± 22 BP, 2873-2628 BC, cal. 2 sigma; ETH-129 671, 4145 ± 23 BP, 2874-2627 BC cal. 2 sigma; ETH-129 672, 4521 ± 23 BP, 3359-3102 BC, cal. 2 sigma; ETH-129 673, 4118 ± 23 BP, 2865-2578 BC, cal. 2 sigma; ETH-129 674, 4110 ± 23 BP, 2861-2576 BC, cal. 2 sigma.
KA ZH, A. Huber.