LK 1194, 2738 922/1 183 956. Höhe 773 m.
Datum der Grabung: 28.4.-26.6.2023.

Alte Fundstelle.
Notgrabung (Erneuerung der Leitungen in den Gemeindestraßen). Größe der Grabung ca. 215 m².
Gräberfeld.
Bei den Arbeiten zur Erneuerung der Leitungen in der Via Casut, der Via Starviz, der Via Fraissen und der Via Streia in Sagogn, Dorfteil Vitg Dado, stießen Bauarbeiter in der Via Casut Ende April 2023 auf menschliche Überreste. Sie informierten die Kantonspolizei, die ihrerseits den Archäologischen Dienst verständigte. Da schnell klar war, dass die Gebeine aus einem größeren Gräberfeld stammen, wurde eine zweimonatige Notgrabung anberaumt. Bereits 1972 konnten in unmittelbarer Nähe, in der Gassa Cuorta, zwölf Bestattungen gefasst werden. Diese blieben jedoch undatiert.
Bei der diesjährigen Grabung wurden 48 Gräber dokumentiert (Abb. 66). Im Norden der untersuchten Fläche lagen sie nur wenige Zentimeter unter der rezenten Oberfläche resp. direkt unter der bestehenden Werkleitungsinfrastruktur, im Süden dagegen unter einem bis zu 1 m mächtigen, neuzeitlichen Schichtpaket. Der Großteil der Grablegungen war annähernd Ost-West orientiert, der Kopf der Verstorbenen lag dabei stets im Osten. Sechs Bestattungen wiesen eine Nord-Süd-Ausrichtung mit Kopf im Norden auf. Das Gräberfeld zeigte keine eindeutige innere Ordnung und konnte in seiner vollständigen Ausdehnung nicht gefasst werden. Zwar waren die Gräber grundsätzlich in acht Reihen angelegt, oft schnitten sie sich aber und waren auf der Ost-West-Achse versetzt zueinander. In einem Fall lagen vier Bestattungen übereinander.
Zwölf Grabgruben wiesen Steineinfassungen auf. Die aus Lesesteinen geschichteten, max. drei Lagen hoch erhaltenen Steinsetzungen begrenzten die Grabgruben zumeist nur partiell. Lediglich zwei Bestattungen zeigten eine annähernd komplette Einfassung. In neun Gräbern erhielten sich Reste von Holzbrettern. Diese standen entweder senkrecht entlang der Grubenwände oder lagen unter bzw. über dem Skelett. In manchen Fällen zeigten die geradlinig verlaufenden Steinsetzungen indirekt Bretter an. Da keine Eisennägel gefunden wurden, muss von holzverzapften Särgen oder Totenbrettern ausgegangen werden. Möglicherweise handelt es sich auch um Reste von hölzernen Grabeinbauten. Beigaben enthielten nur zwei Bestattungen. Aus dem Grab einer im Alter von 18 bis 23 Jahren verstorbenen Frau stammt eine aus 76 Glas- und drei Bernsteinperlen bestehende Halskette. Typologisch datiert sie in die Zeit zwischen dem 6. und dem frühen 8. Jh. Das Grab eines mindestens 60 Jahre alten Mannes enthielt eine einfache, rechteckige Gürtelschnalle aus Eisen. Die C14-Ergebnisse von vier beprobten Bestattungen geben eine Belegungszeit des Gräberfelds zwischen dem 5. und dem 10. Jh. n. Chr. an.
Die menschlichen Überreste wurden von Viera Trancik Petitpierre von der Interkantonalen Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung anthropologischer Funde (IAG) untersucht. Insgesamt konnten neben den 48 Individuen aus den Gräbern mindestens 23 weitere bestimmt werden, deren Knochen verlagert waren und aus den Grabverfüllungen stammen. Ein großer Teil der Skelette weist degenerative Gelenks- und Wirbelveränderungen auf, welche typisch für schwer arbeitende Bevölkerungsgruppen sind.
Weitere Befunde sind neuzeitliche Gruben, welche die Gräber teilweise schneiden, sowie Mauerreste von Vorgängerbauten der rezenten Häuserzeile in der Via Casut.

Archäologische Funde: Eisen, Glas, Hüttenlehm, Keramik, Lavez; ausschließlich neuzeitlich: Baukeramik, Schlacke.
Anthropologisches Material: Überreste von mindestens 71 Individuen.
Faunistisches Material: Tierknochen, Tierzähne.
Probenentnahmen: C14-Proben, Sedimentproben.
Datierung: archäologisch. Frühmittelalter; Neuzeit. - C14. BE-21661.1.1, 1198 ± 28 BP, 707-943 AD, cal. 2 sigma; BE-21662.1.1, 1209 ± 29 BP, 693-891 AD, cal. 2 sigma; BE 21663.1.1, 1306 ± 27 BP, 659-773 AD, cal. 2 sigma; BE 21664.1.1, 1518 ± 28 BP, 437-636 AD, cal. 2 sigma; BE-21665.1.1, 1519 ± 27 BP, 438-636 AD, cal. 2 sigma; BE-21666.1.1, 1528 ± 28 BP, 435-603 AD, cal. 2 sigma.
AD GR, Th. Praprotnik.