Der Kanton Zürich plant den Ausbau der Schaffhauserstrasse zwischen dem Kreisel Chrüzstrass und Bülach auf vier Spuren. Das Bauprojekt umfasst u. a. den Ausbau des Abschnitts durch den Hardwald auf einer Länge von rund 2 km. Während 2021 erste archäologische Begehungen und LiDAR-Analysen stattfanden, folgte im Frühling 2022 eine erste Baggersondierung. Als bei Sondierungen im Jahr 2023 archäologische Überreste angetroffen wurden, führte die Kantonsarchäologie Zürich im Sommer 2023 eine erste Grabungskampagne durch. Dabei kam ein gut erhaltener neuzeitlicher Strassenkoffer zum Vorschein. Da auf Plänen aus dem 18. Jh. sowie in den LiDAR-Daten noch weitere mögliche Strassenverläufe sichtbar sind, veranlasste die Kantonsarchäologie im Frühjahr 2024 eine zweite Grabungskampagne. Die Grabungsfläche liegt 450 m südlich der ersten Etappe und umfasst rund 200 m2.
Die zweimonatige Grabungskampagne im Frühjahr 2024 brachte drei parallel zueinander verlaufende Trassees zutage, die alle Nord-Süd ausgerichtet sind und jeweils eine unterschiedliche Bauweise aufweisen. In F7 liegt eine ca. 1 m breite Geröllreihe vor, die auf dem natürlichen, siltigen Lehm liegt. Die Gerölle sind alle von ähnlicher Grösse und liegen sehr locker gestreut vor. Ein etwas komplexerer Befund, dem das Hauptaugenmerk der zweiten Grabungsetappe galt, bildet das Trassee in F9. Zuunterst konnten insgesamt neun Wagenspuren dokumentiert werden, wobei eine eindeutige Zuordnung von jeweils zwei Spuren kaum möglich war. Die Spuren sind im natürlichen Unterboden eingetieft und an der Unterkante mit Grobkies und kleineren Geröllen verfüllt. Möglicherweise haben die schweren Karren die Steine tief in den Boden gedrückt. Über den Spuren und angrenzend daran befinden sich mehrere Flickstellen. In den natürlichen Muldensituationen sammelte sich vermutlich Stauwasser. Damit das Trassee mit den Karren befahren werden konnte, mussten die Mulden mit Geröllen verfüllt worden sein. Diese Flickstellen liegen direkt unter dem Oberboden. In F10 konnten Überreste der neuzeitlichen Strasse gefasst werden, die bereits in Etappe 1 (2023) untersucht wurde. Die Befunde konnten nur noch in den Profilen dokumentiert werden. Zuunterst liegt eine mit Geröllen verfüllte Fahrspur, darüber erstrecken sich die Reste des Strassenkoffers. Die Komplexität der Befunde könnte auf eine zeitliche Abfolge hindeuten. Demnach wäre das östlichste Trassee in F7 das älteste, gefolgt von dem Trassee in F9 und schliesslich dem in F10. Sobald die Funde konserviert oder zumindest geröntgt sind, soll diese Hypothese überprüft werden.
Die heutige Schaffhauserstrasse ist im Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (IVS) als Verkehrsverbindung von nationaler Bedeutung mit historischem Verlauf erfasst (IVS ZH 6, Zürich – Schaffhausen). Kartografisch ist eine frühe Strecke durch den Hardwald bereits im 17. Jh. erfasst. Baupläne aus dem 18. Jh. zeigen Vorschläge für eine Begradigung der Strecke. Auf ihnen ist noch die alte Streckenführung dargestellt, die teils dreispurig verläuft. Im 19. Jh. wurde die Strecke schliesslich begradigt. Die in F10 gefasste Strecke dürfte die kurvenreiche Vorgängerroute der heutigen Schaffhauserstrasse sein, die bis um 1800 in Benutzung war. Die beiden Trassees in F7 und F9 könnten früher bestanden haben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die archäologischen Untersuchungen im Hardwald wichtige Erkenntnisse zu neuzeitlichen (und möglicherweise auch früheren) Strassenbefunden geliefert haben.