LK 1075, 746 305/254 305. Höhe 674 m.
Datum der baubegleitenden Untersuchungen: März/April und September/Oktober 2009.
Alte und neue Fundstellen.
Bibliografie zur Fundstelle: R. Steinhauser-Zimmermann, Das Kloster St.Gallen: Die Ichnographia Pater Gabriel Hechts von 1719, der Gebäudebestand des Klosterbezirks 2005 und die Archäologie: eine kritische Würdigung. Neujahrsblatt des Historischen Vereins St. Gallen 147, 2007, 44-54; St. Galler Tagblatt 10.10./28.10./26.11.2009; 30.11.2009; St. Galler Nachrichten 1.10./22.10.2009; Tages Anzeiger 26.11.2009; NZZ 26.11.2009.
Geplante Notgrabung und Baubegleitung (Leitungsgräben, Neugestaltung südliche Altstadt). Grösse der Grabungen ca. 25 m² (bei Durchgang Bischofsflügel); ca. 25 m² (bei Klosterhof 1). Baubegleitungen: ca. 70 Laufmeter Leitungsgräben.
Kloster. Gräber.
Im April 2009 wurde in einem Leitungsgraben nahe dem Durchgang des Bischofsflügels vom Bagger ein Sarkophag angerissen. Die grosse Bedeutung des Fundes und dessen Gefährdung durch künftige Arbeiten an den Leitungen machten eine Rettungsgrabung unumgänglich. Im Oktober wurde der 2,6 t schwere und 2.50 m lange Sarkophag geborgen (Abb. 45). Im Innern befand sich das Skelett eines Mannes. Der Leichnam war mit am Körper liegenden Armen und mit Blick nach Osten beigesetzt worden. Erste Bestimmungen ergaben ein Sterbealter von 68.5 ± 2.5 Jahren und eine Körpergrösse von 178 cm. Auffallend sind der gute Zustand der Zähne, die stark ausgeprägten Arthrosen an Knie- und Hüftgelenken sowie an der Wirbelsäule. Mit Ausnahme der Knochen ist der Körper vollständig verwest. Reste von Bekleidung oder Leichentüchern sind nicht erhalten, auch Beigaben fehlen. Der Sarkophag besteht aus Rorschacher Sandstein, gewonnen in einem Steinbruch bei St. Gallen-St. Georgen. Deckel und Trog sind je aus einem Stück gefertigt. Der dachartige Deckel ist sorgfältig gearbeitet und überschliffen. Im Innern des Trogs ist für den Kopf eine kissenartige Aussparung ausgearbeitet. Eine Öffnung im Boden ermöglichte das Abfliessen von Leichensäften. Im Gegensatz zu den grob gearbeiteten Aussenwänden des Trogs sind die Innenwände fein überschliffen. Dies lässt vermuten, dass der Verstorbene während des Bestattungsrituals in den Sarkophag gebettet wurde und bis zum Verschluss des Deckels sichtbar war. Gemäss schriftlichen Quellen liessen sich im Frühmittelalter bedeutende Persönlichkeiten im St. Galler Klosterfriedhof in Sarkophagen bestatten. Es ist das erste Mal, dass ein solcher Sarkophag im Original gefunden wurde. Er ist ein wichtiges Zeugnis der Bestattungskultur im Kloster St. Gallen. Bestattungsritus und Art der Steinmetzarbeiten sowie C14-Daten weisen die Grablegung ins Frühmittelalter. Es dürfte sich beim Toten um eine hochgestellte Persönlichkeit aus dem Umfeld der frühen Mönchszelle oder der zugehörigen Siedlung handeln. Die anhand der naturwissenschaftlichen Untersuchungen gewonnenen Daten sollen mit den schriftlichen Quellen verglichen werden, um einen zur Identifizierung in Frage kommenden Personenkreis einzuengen.
Bei der Freilegung des Sarkophags wurden Mauerreste der frühmittelalterlichen Peterskirche und Gräber des zugehörigen Friedhofs festgestellt. Gräber in weiteren Leitungsgräben zeigen, dass ein grosser Teil des heutigen Klosterhofs zwischen Frühmittelalter und Reformationszeit als Friedhof diente (s. auch die Fundmeldungen zu Gallusstrasse und St. Laurenzen). An diversen Stellen wurden mittelalterliche und frühneuzeitliche Mauerzüge sowie ein Kalkbrennofen aus dem 11./12. Jh. angeschnitten. Eine Setzung aus Steinplatten, wohl die Unterlage einer Wandkonstruktion, bot Einblick in die Bauweise der Klosterbauten aus der Frühzeit des Klosters (Fundstelle bei Klosterhof 1). C14-Datierungen aus einem zugehörigen Benutzungshorizont weisen den Befund zwischen das 7. und 9. Jh. Diese frühen Datierungen unterstreichen die Reichhaltigkeit und Schutzwürdigkeit der im Boden verborgenen archäologischen Reste des heutigen UNESCO-Weltkulturerbes.
Anthropologisches Material: in Bearbeitung durch V. Trancik vom Archäo-Anthropologischen Dienst Aesch BL.
Probenentnahme: Sedimentproben für geoarchäologische Untersuchungen: IPNA, Basel. Proben von verkohltem Material und von Knochen für C14-Datierung.
Datierung: archäologisch. Mittelalter. - C14. ETH-39267: 1330 ± 30 BP, 650-690 AD (59.2%) resp. 750-770 AD (9.0%) 1 sigma; 640-770 AD (18.3%) 2 sigma. ETH-39421: 1330 ± 40 BP, 650-710 AD (53.7%) resp. 740-770 AD (14.5%) 1 sigma; 640-780 AD (95.4%) 2 sigma.
KA SG, E. Rigert, I. Ebneter, A. Fässler, Ch. Holenstein, H. Obrist und M.P. Schindler.
St. Gallen SG, Klosterhof
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Detail des Fundberichts
Gemeinde
St. Gallen
Kanton
SG
Ort
Klosterhof
Koordinaten
E 2746305, N 1254305
Höhe
674 m
Signatur Fundstelle Kanton
--
Signatur Ereignis Kanton
--
Neue Fundstelle
Nein
Probenentnahmen
Holz/Holzkohle, Knochen, Geoarchäologische Sedimentproben
Analysen
14C
Institution
--
Datum der Fundmeldung
--
Oberfläche (m2)
25 m2
Datum Beginn
01 März 2009
Datum Ende
31 Oktober 2009
Datierungsmethoden
14C, Archäologisch
Autor*in
--
Publikationsjahr
2010
Epoche
Mittelalter
Art der Fundstelle
Kult/religiös (Kloster), Bestattung (Gräbergruppe, unbestimmt), Bestattung (Grab)
Art der Untersuchung
Ausgrabung (Rettungsgrabung)
Archäologische Funde
--
Knochen
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Botanische Funde
Holz/Holzkohle
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