LK 1192, 2692010/1186290, Höhe 469 m.
Datum der Grabung: 7.3.-3.4. 2017.
Bibliografie zur Fundstelle: K. Zurfluh, Von der Pfarrei zum Dorf. In: K. Zurfluh (Red.) Erstfeld. Zur 500jährigen Selbständigkeit, 21-47. Zürich 1977; M. Sauter, Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri, Band III, 381-385. Bern 2017.
Geplante Notgrabung (Sanierung der Kirche mit Einbau Bodenheizung). Grösse der Grabung 425 m².
Kirche. Kapelle. Gräber
Die heutige Pfarrkirche wurde in den Jahren 1870-72 anstelle des Vorgängerbaus, unter Beibehaltung des alten Kirchturms, vollständig neu erbaut. Zwischen 1956 und 1958 erfolgte der Umbau des Chors sowie der Neubau des Kirchturms, nachdem der alte Turm als letzter Zeuge ebenfalls abgerissen worden war. Im Jahr 2017 wurden weitere Sanierungsarbeiten ausgeführt, inklusive Einbau einer neuen Bodenheizung.
Nach dem Entfernen des Betonbodens von 1958 kamen die Mauerkronen der Vorgängerkirche (1606 geweiht) und der Beinhauskapelle (1633 geweiht) zum Vorschein. Um einen Gesamtüberblick zu erhalten, wurde der Boden mittels Georadar inner- und außerhalb der Kirche aufgenommen. Die Vorgängerkirche war ursprünglich West-Ost orientiert gewesen, während die Kirche von 1872 um 90° nach Norden gedreht wurde und die Nordmauer der alten Kirche als Fundament für die Chorschultermauer Verwendung fand (Abb. 39); der alte Chor liegt dadurch östlich außerhalb der heutigen Kirche. Obwohl die Baukote erreicht war und nur die oberste Steinlage der Mauern abgetragen werden sollte, wurden an vier neuralgischen Stellen Sondierflächen angelegt, um die Stratigrafie der Befunde abzuklären.
Als ältester Befund ist ein West-Ost orientiertes Körpergrab zu erwähnen, von dem nur die Unterschenkelknochen und Füße freigelegt wurden. Eine kalibrierte C14-Datierung verweist die bestattete Person ins 10. Jh. Sie lag nur gut 0.2 m unterhalb des Mörtelbodens der Vorgängerkirche, weshalb sie zu einem Bodenniveau einer älteren Phase gehört haben muss. Ob ein unmittelbar unter dem südlichen Fundament der Vorgängerkirche zum Vorschein gekommener, West-Ost orientierter Mauerzug zeitlich und räumlich zur Bestattung gehörte, ist nicht geklärt. Es dürfte sich aber auf jeden Fall um Reste entweder der 1318 erstmals erwähnten Kirche oder eines Annexbaus handeln.
Als nächste Bauphase wurde der Kirchturm an der Nordseite der Kirche erstellt, wie schalenartiges Mauerwerk (Stossfuge?) andeutete. Die Zerstörung durch die Umbautätigkeit von 1956-1958 verhinderte jedoch weitere Abklärungen.
Die nächstjüngere Bauphase ist die sog. Vorgängerkirche, ein 1606 geweihter Neubau. Ihre lichte Länge betrug knapp 25 m und ihre lichte Breite knapp 11 m. Die Dicke der aufgehenden Kirchenmauern lag bei 0.95 m. Ein später zugemauerter, 1.45 m breiter Eingang befand sich in der Südmauer. Eingriffe im erhaltenen Mörtelboden zeigten mehrere Reparaturen und Umbauten an. Interessant erschienen die Negative von Kirchenbänken, die seitlich, zu den Wänden hin, auf Balken auflagen. Mörtelabdrücke im Boden und an der südlichen Innenwand deuteten auf eine nicht erhaltene Chorstufe des beginnenden Chorraums. Die Innenwände wiesen mindestens drei Verputzschichten auf, verstürzte Wandmalereifragmente an der Nordwand zeugten gar von einer Wandbemalung. Ebenso geben Stuckfragmente Einblicke in die barocke Ausgestaltung des Kirchenraums. Eine nördlich zwischen Kirchturm und Kirchenschiffmauer vorgefundene Aussenbestattung war Ost-West orientiert. Reste von Knöpfen und ein Marienfigürchen deuten auf eine Mitgabe eines Mantels oder Ähnlichem hin.
Die nur etwa 5 m weiter südlich gelegene und leicht nach Süden gedrehte Beinhaus- oder Schutzengelkapelle ist für das Jahr 1633 bezeugt. Reste ihres polygonalen Chors wurden freigelegt. Zwei Negative eines Balkenlagers wiesen auf einen hölzernen Boden hin, der sehr wahrscheinlich das Kapellenschiff in eine zweistöckige Kapelle unterteilte. Verputzreste im Innern zeugten von schlichtem Weiss.
Archäologische Funde: Münzen, Keramik, Metall, Architekturwerkstücke, bemalter Verputz, Stuck.
Anthropologisches Material: 2 Gräber, verworfene Knochen.
Probenentnahmen: Erdproben, Holzkohle (C14).
Datierung: archäologisch/historisch. Mittelalter; Neuzeit. - C14 ETH-79333: 1088 22 BP. Mittelalter, Neuzeit.
Im Auftrag der Abt. Natur- und Heimatschutz UR: ProSpect GmbH, Ch. Auf der Maur.
Erstfeld UR, Pfarrkirche St. Ambrosius und St. Othmar
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Detail des Fundberichts
Gemeinde
Erstfeld
Kanton
UR
Ort
Pfarrkirche St. Ambrosius und St. Othmar
Koordinaten
E 2692010, N 1186290
Höhe
469 m
Signatur Fundstelle Kanton
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Signatur Ereignis Kanton
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Neue Fundstelle
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Probenentnahmen
Holz/Holzkohle, Geoarchäologische Sedimentproben
Analysen
14C
Institution
--
Datum der Fundmeldung
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Oberfläche (m2)
425 m2
Datum Beginn
07 März 2017
Datum Ende
03 April 2017
Datierungsmethoden
14C, Historisch, Archäologisch
Autor*in
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Publikationsjahr
2018
Epoche
Mittelalter, (Frühe) Neuzeit, Zeitgenössisch
Art der Fundstelle
Kult/religiös (religiöses Gebäude), Kult/religiös (Heiligtum), Bestattung (Gräbergruppe, unbestimmt), Bestattung (Grab)
Art der Untersuchung
Ausgrabung (Rettungsgrabung)
Archäologische Funde
Metall (Münze(n)/Medaillen), Keramik, Metall, Stein (architektonisches Element), Stein
Knochen
menschliche Skelette, vereinzelte menschliche Knochen
Botanische Funde
Holz/Holzkohle
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