LK 1112, 704 611 / 232 516. Höhe 413 m.
Datum der Grabung: 21.5.-2.7.2013.
Bibliografie zur Fundstelle: M.P. Schindler, Das Frühmittelalter in Raum Rapperswil-Jona. Alte Funde - Alte und neue Ausgrabungen - Neue Erkenntnisse. Neujahrsblatt des Historischen Vereins des Kantons St. Gallen 147, 2007, 84-117; R. Ackermann, Der römische Vicus von Kempraten, Rapperswil-Jona. Neubetrachtung anhand der Ausgrabungen Fluhstrasse 6-10 (2005-2006). Archäologie im Kanton St. Gallen 1. St. Gallen 2013.
Geplante Baubegleitung/Notgrabung (Strassensanierung). Grösse der Grabung 2000 m².
Siedlung. Gräberfeld.

Das Sanierungsprojekt der Kreuzstrasse sah vor, zwischen Hantländer- und Rütistrasse nicht nur den Asphaltbelag, sondern auch den Strassenkoffer von Rollbahn und Trottoir zu erneuern. Die Kreuzstrasse verläuft im besagten Bereich durch das Zentrum des römischen Kempraten mit Wohnbauten sowie dem westlichen Abschluss des Forums. Die antike Strasse dürfte wenig westlich der heutigen Kreuzstrasse verlaufen sein. Ausserdem sind aus dem Umfeld seit den 1940er-Jahren frühmittelalterliche Gräber bekannt.
Die Interpolation der Koten von bekannten Mauerhälften aus angrenzenden Parzellen liess erwarten, dass mit dem Aushub des Strassenkoffers archäologische Strukturen tangiert würden. Die KA SG begleitete deshalb alle Aushubarbeiten und nahm die nötigen Dokumentationen vor, dies in enger Absprache mit der Bauleitung und unter Berücksichtigung des knapp bemessenen Zeitplans und der vorgegebenen Projekttiefe.
Grosse Teile, insbesondere der Rollbahn, waren durch Leitungen gestört. Zwischen den Leitungszügen waren jedoch noch Streifen von Schichtenresten vorhanden. Am besten war die Erhaltung unter dem östlichen Trottoir. Hier liessen sich Befunde auf grösseren Flächen verfolgen. Die Dokumentation musste sich aus Zeitgründen auf evidente Strukturen sowie Profile beschränken. Mancherorts zeichnete sich eine mehrphasige, römische Holzbau-Bebauung ab, deren Unterkante mit dem Aushub für den Strassenkoffer nicht erreicht wurde. Die Mehrphasigkeit war besonders aus den Profilen ablesbar. Zugehörige Strukturen konnten nur in Ausnahmefällen flächig freigelegt werden, namentlich eine Rollierung aus Geröllen sowie eine Aneinanderreihung von grösseren Bruchsteinen, die als Balkenunterzug gedeutet wird.
An verschiedenen Stellen wurden Mauerfundamente der darauffolgenden Steinbebauung angeschnitten. Meist war nur noch das trocken gesetzte Fundament aus Geröllen oder gebrochenen (Sand-)Steinen erhalten. Bemerkenswert ist der obere Fundamentabschluss durch grosse Sandsteinquader bei einer Mauerecke (Sockelquaderlage). Die Mauern befolgen - soweit anhand der kleinen Ausschnitte beurteilbar - die Ausrichtung der bekannten römischen Gebäude, also mehr oder weniger parallel bzw. senkrecht zur heutigen Kreuzstrasse. Zu den Steingebäuden gehörige Gehniveaus fehlten.
In lockeren Abständen traten elf geostete, frühmittelalterliche Körperbestattungen zutage. Bis auf eine waren sie beim Anlegen der vielen Leitungsgräben unbeobachtet gestört worden. In der Regel dürfte es sich um einfache Erdbestattungen gehandelt haben. Bei den Gräbern 8 und 9 wurde eine Rahmung der Grube mit Steinen beobachtet, die aus den römischen Auflassungsschichten gelesen worden waren. In Grab 7 lagen neben einer Bestattung die zusammengeschobenen Knochen eines zweiten Individuums, das ursprünglich wohl in diesem Grab beigesetzt war. Auch wenn von den meisten Gräbern nur Ausschnitte erhalten waren, enthielten viele (noch) Beigaben. Das Individuum in Grab 6, nach Ausweis der Beigaben ein Mann, war mit Gürtel, Sax und Messer sowie einem in den Mund gelegten römischen Denar (Septimius Severus für Julia Domna, zeitgenössische Fälschung) beigesetzt worden. In Grab 2 fand sich eine Ansammlung von sechs römischen Münzen sowie einem Angelhaken aus Buntmetall, die dem Verstorbenen in einem Beutel mitgegeben worden sein dürften. Eine (Frauen?)Bestattung (Grab 9) war mit Gürtel und Messer ausgestattet.

Archäologische Funde: Keramik, Metallfunde (Münzen, Fibeln, Schmuck, Trachtbestandteile etc.), Glas.
Bestimmung Münzen: IFS, Bern.
Anthropologisches Material: Knochen von 11 Individuen und zusammengeschobene Reste eines weiteren Toten; Einzelfunde, unbearbeitet.
Faunistisches Material: Tierknochen, unbearbeitet.
Datierung: archäologisch; numismatisch. 1.-4. Jh.; Frühmittelalter: KA SG, R. Ackermann und P. Koch.