LK 1135, 757 035/215 200. Höhe 472 m.
Datum der baubegleitenden Maßnahmen: Mai-Dezember 2010.
Bibliografie zur Fundstelle: JbHVFL 24, 1924, 7-37; 75, 1975, 471-473; D. Gstöhl/P. Vogt, Alte Bauten in Balzers, 54.72. Balzers 1979; F. Büchel, Die Geschichte der Pfarrei Balzers, 7-24. Balzers 1982; JbHVFL 87, 1987, 121-223; 89, 1991, 179-181.186-192.
Geplante Baubegleitung (Bau Kulturzentrum).
Grösse der überwachten Fläche ca. 2000 m².
Siedlung. Kirche. Friedhof.

In der Gemeinde Balzers wird das barocke Pfarrhaus (erbaut zwischen 1733 und 1739) zu einem kulturellen Zentrum umgebaut. Da an diesem Standort sowohl früh- bis hochmittelalterliche Kirchenbauten wie auch Teile der römischen Siedlung zu erwarten sind, machten die Baumassnahmen eine intensive Begleitung durch die Landesarchäologie notwendig.
Insgesamt wurden durch die verschiedenen Bodeneingriffe zwölf Mauerabschnitte freigelegt. Es ließen sich dabei mindestens zwei verschiedene Bauhorizonte feststellen. Die älteren, ca. 60 cm breiten Mauern sind 1-1.2 m unter dem heutigen Gehniveau in grauem Silt eingebettet. Sie sind 30-40 cm hoch erhalten und weisen einen harten Mörtel auf. Drei davon sind im Verband und lassen zwei Räume von knapp 4.5 m Innenlänge erkennen. Die Tiefe, die ähnliche Mauerstruktur und die Nähe zu den schon bekannten römischen Siedlungsspuren aus dem 2./3. Jh. in 30-50 m Entfernung machen eine Datierung in römische Zeit wahrscheinlich. Zugehörige datierende römische Funde gab es allerdings nicht. Der graue Silt und die Fundleere rühren von den schon bei früheren Beobachtungen festgestellten massiven Überschwemmungen in römischer und nachrömischer Zeit her.
Die jüngeren Mauern liegen über den vermutlich römischen und sind anders orientiert. Sie sind 70-90 cm breit und weisen einen weichen, sehr sandigen Mörtel auf. Da auch hier datierende Funde fehlen, ist ihre Zuordnung zu früh- bis hochmittelalterlichen Bauten im Bereich der Kirche vorerst rein spekulativ. Sie werden vor einer Schicht überlagert, die Holzkohle, Ziegel- und Mörtelbruchstücke enthält und aufgrund von Kacheln und Keramik in die Neuzeit datiert wird. Der hohe Anteil an Holzkohle und Abbruchschutt bringt das Niveau mit den Aufräumarbeiten nach dem grossen Dorfbrand von 1795 in Zusammenhang. Am 22. Oktober 1795 brannte dieser Dorfteil von Balzers fast vollständig aus. Auf Karten aus dem 18. Jh. ist westlich der Hauptstraße die Pfarrkirche St. Nikolaus mit zugehörigem Friedhof, Stall und Pfarrhaus eingetragen. Im Zuge der Wiederherstellungsarbeiten wurden 1807 das Gotteshaus und der Friedhof auf die andere Straßenseite verlegt.
Im Churrätischen Reichsgutsurbar von 842/43 werden für Balzers zwei Kirchen erwähnt. Eine, dem Donatus geweiht, wird auf dem Hügel der Burg Gutenberg lokalisiert. Die zweite wird am Standort der St. Nikolaus-Kirche vor dem Brand von 1795 vermutet. Um ihre Lage festzustellen, wurden im Mai 2010 Widerstandsmessungen durchgeführt, die zumindest den gotischen Polygonalchor des letzten Kirchenbaus sichtbar machten. Im Pfarrgarten sowie beim Pfarrstall zeichneten sich weitere, momentan schwer zu deutende Strukturen ab. Die Zuordnung der zwischen 1986 und 2010 freigelegten Mauern zur Kirche oder zu ihr zugeordneten Gebäuden war auch durch den Bodenscan nicht möglich.

Archäologische Kleinfunde: Keramik, Kacheln, Glas, Bronze- und Eisenobjekte.
Anthropologisches Material: menschliche Knochen, unbearbeitet.
Faunistisches Material: Tierknochen und Mollusken, beide unbearbeitet.
Probenentnahmen: Holzkohle für C14.
Datierung: archäologisch. Römerzeit; Mittelalter; Neuzeit.
Landesarchäologie, Hochbauamt Fürstentum Liechtenstein, U. Mayr.