LK 1072, 697 200/261 550. Höhe 440 m.
Datum der Grabung: 1.10.1999-30.6.2000.
Bibliographie zur Fundstelle: Ch. Muntwyler, Zwei Altstadthäuser mit einer 700-jährigen Geschichte. Winterthur Jahrbuch 2001, 156-163.
Geplante Notgrabung (Bauprojekt, Bauuntersuchung). Grösse der Grabung ca. 50 m².
Siedlung. Grab.
Schwerpunkt der Untersuchung waren zwei mit 27 m für Winterthur ausserordentlich tiefe, dreigeschossige Liegenschaften: Obere Kirchgasse 4 und 6 östlich der Stadtkirche. Zusätzlich wurde die angrenzende Liegenschaft Obere Kirchgasse 8 partiell untersucht. Der älteste Befund war eine Fäkaliengrube sowie ein Holzgebäude aus dem 12. Jh. 1197 (dendrodatiert) entstand auf der Parzelle Obere Kirchgasse 6 ein dreigeschossiger Kernbau mit einem überwölbten Erdgeschoss und einem repräsentativen 1. Obergeschoss, von dessen originaler Ausstattung eine Kaminanlage erhalten geblieben ist (Abb. 40). Holzreste und ehemalige Türöffnungen belegen einen Aussenaufgang. Etwa zeitgleich errichtete man im Bereich der Oberen Kirchgasse 4 ein freistehendes Steingebäude, von dem die Südwand mit Schlitzfenstern im Erdgeschoss und Sitznischenfenstern im 1. und 2. Obergeschoss erhalten geblieben ist. Im 13. Jh. wurde der Kernbau Obere Kirchgasse 6 gegen Osten erweitert, im Westen entstand parzellenübergreifend ein unterkellertes Holzgebäude. Um 1300 wurden das Holzgebäude und die beiden Steinbauten durch einen Brand zerstört, der grosse Teile der Kernstadt erfasst hatte. 1312-14 (dendrodatiert) wurden die beiden Steinbauten erneuert, wobei der Steinbau im Bereich Obere Kirchgasse 4 gegen Norden erweitert und damit die zuvor zwischen den beiden Häusern noch vorhandene Lücke geschlossen wurde. Ein nach dem Brand wohl als Notbehausung errichtetes Holzhaus hinterliess ein sehr deutliches Negativ in der neuen Brandmauer. Türdurchgänge zwischen den beiden Liegenschaften lassen auf eine enge Verbindung der Bewohner schliessen, die gemäss Schriftquellen wohl der Geistlichkeit angehörten. In der Oberen Kirchgasse 6 waren bis zum nun geplanten Umbau erhebliche Teile des Dachstuhls von 1312-14 noch erhalten. Er war als stehender Rafendachstuhl ohne Diagonalaussteifung konstruiert und nicht mit dem Gebäude verbunden, sondern lag als eigenständiger Ab bund auf einem Schwellenkranz über der obersten Deckenbalkenlage. Ein Dachstuhl gleicher Konstruktionsweise konnte vor dem Umbau auch im Gebäude Obere Kirchgasse 8 (1324, dendrodatiert) dokumentiert werden. 1334 (dendrodatiert) wurde die Liegenschaft Obere Kirchgasse 6 gegen Westen durch ein Holzgebäude mit Pultdach erweitert. 1364 (dendrodatiert) kam dieser Gebäudeteil zusammen mit den älteren östlich anschliessenden Teilen unter ein gemeinsames Dach, indem man das Satteldach von 1312-14 gegen Westen erweiterte.
Im Westen der Parzelle Obere Kirchgasse 4 wurde 1346 ein Gebäude mit anfänglich eigenständigem Dachstuhl an das bestehende Steinhaus von 1312-14 angebaut. Wann hier der erste gemeinsame Dachstuhl folgte, ist nicht bekannt. 1607 wurde das Gebäude aufgestockt und in ein Lagerhaus umgebaut. Diese Nutzung blieb bis in die jüngste Zeit bestehen. Die Obere Kirchgasse 6 erfuhr 1632 einen tiefgreifenden Umbau: Die Ost- und Westfassade des ehemaligen Kernbaus wurden abgebrochen, der gesamte Innenausbau neu gestaltet und die Aussenfassaden durch die aktuellen ersetzt. Mit der Aufstockung des gassenseitigen Teils 1734 und dem Teilneubau des Dachstuhls war die kubische Entwicklung der beiden Liegenschaften Obere Kirchgasse 4/6 abgeschlossen.
Von den Grabungsbefunden im Hinterhof ist der Fund eines Neugeborenengrabs zu erwähnen, das im 15. Jh. dort ausserhalb des Friedhofs angelegt worden war.
Anthropologisches Material: Skelett eines Neugeborenen (15. Jh.).
Faunistisches Material: 3 kg Tierknochen (Säuger, Amphibien, Fische) aus Latrine, in Bearbeitung.
Probenentnahmen: Dendrochronologie (260 Proben); 100 kg Erdproben (v.a. botanisches und osteologisches Material) aus Latrine (12. Jh.), botanisches Material aus Keller (13. Jh.), in Bearbeitung.
Datierung: dendrochronologisch; archäologisch. 12.-19. Jh. KA ZH, Ch. Muntwyler.
Winterthur ZH, Obere Kirchgasse 4/6/8
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Detail des Fundberichts
Gemeinde
Winterthur
Kanton
ZH
Ort
Obere Kirchgasse 4/6/8
Koordinaten
E 2697200, N 1261550
Höhe
440 m
Signatur Fundstelle Kanton
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Signatur Ereignis Kanton
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Neue Fundstelle
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Probenentnahmen
Holz/Holzkohle, Knochen, Botanische Reste, Geoarchäologische Sedimentproben
Analysen
Dendrochronologie
Institution
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Datum der Fundmeldung
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Oberfläche (m2)
50 m2
Datum Beginn
01 Oktober 1999
Datum Ende
30 Juni 2000
Datierungsmethoden
Dendrochronologisch, Archäologisch
Autor*in
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Publikationsjahr
2001
Epoche
Mittelalter
Art der Fundstelle
Siedlung, Bestattung (Grab)
Art der Untersuchung
Ausgrabung (Rettungsgrabung)
Archäologische Funde
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Knochen
menschliche Skelette, vereinzelte tierische Knochen, Andere
Botanische Funde
Holz/Holzkohle, Andere
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