LK 1072, 1262 595/2 699 195. Höhe 473 m. Datum der Grabung: 26.1.-9.7.2021. Bibliografie zur Fundstelle: Roth, M. (in Vorb.) Das Zentrumsquartier im römischen Oberwinterthur. Vom Vicus zur spätantiken Befestigung. Vitudurum 11. Monogr. KA Zürich 57. Zürich. Schmaedecke, F. (2006) Die Reformierte Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur. Neuauswertung der Ausgrabungen und Bauuntersuchungen 1976-1979. Zürcher Archäologie 20. Zürich und Egg; Rychener, J. (1984) Der Kirchhügel von Oberwinterthur. Die Rettungsgrabungen von 1976, 1980 und 1981. Vitudurum 1. Monogr. KA Zürich 1. Zürich; Brönnimann, D. (16.9.2021) Oberwinterthur, Hohlandstraße 14, 2021.051. Kurzbericht zu den geoarchäologischen Feldarbeiten vom 25. Juni 2021. Archiv KA ZH. Geplante Notgrabung (Bau einer Garage und eines Fahrradunterstands). Größe der Grabung 20 m². Siedlung. Gräber.
Das Areal der Rettungsgrabung liegt im Zentrumsquartier des Vicus Vitudurum auf dem heutigen Kirchhügel und südwestlich der Kirche St. Arbogast. Die Lage unmittelbar südwestlich des römischen Heiligtums und nordöstlich eines terrassierten Streifenhauses versprach die Aufdeckung der bereits bekannten Quartierstraße sowie der Temenosmauer. Der anstehende Boden besteht in diesem Bereich des Kirchhügels aus einem homogenen, kalkhaltigen, siltigen Lehm (C-Horizont) und einem darüber folgenden verwitterten, kalkfreien, stark tonigen Bt-Horizont. Der holozäne Oberboden fehlte. Dies lässt auf eine Kappung des Geländes schließen, die man bereits an anderen Stellen im Zentrumsquartier feststellte. Geoarchäologische Untersuchungen haben gezeigt, dass sich C-Horizont und Bt-Horizont als Hüttenlehm oder für die Ziegelproduktion resp. als Rohmaterial für die Keramik- oder Ziegelherstellung eigneten.
Um 70 n. Chr. wurde direkt auf dem anstehenden Boden ein etwas mehr als 2 m breiter Straßenkoffer aus Flussschotter ausgebracht, wobei man wohl im Zuge vorgängiger Planierungsarbeiten den Oberboden abgetragen hatte. Der Belag lief auf beiden Seiten als dünne Kiesschicht weiter - im Nordosten gegen die nur kurze Zeit später errichtete Temenosmauer und im Südwesten gegen die ebenfalls in dieser Zeit gebauten, terrassierten Streifenhäuser. Über einem Schichtpaket, bestehend aus Benutzungshorizonten und Kiesschüttungen für Ausbesserungen des Straßenkoffers, lag ein homogener, siltiger Lehm. Dieser bildete sich wohl nach der Brandkatastrophe, die um 120 n. Chr. sowohl die Streifenhäuser an den seitlichen Hängen wie auch das Heiligtum und die Badanlage zerstörte und auf die ein Wiederaufbau des Quartiers folgte.
Noch ungeklärt ist, ob der Versturz der Temenosmauer dieser Katastrophe oder - darauf deuten die Funde hin - einem späteren Ereignis im 3. Jh. anzurechnen ist. Auffallend ist, dass die äußere Mauerschale als Ganzes gekippt sein muss. Da keine Brandeinwirkung festzustellen war und ein Brand, aber auch ein Abbruch nicht zu diesem Befundbild geführt hätten, ist allenfalls von einem Erdbeben auszugehen. Über der umgekippten Mauer wurde, leicht nach Südwesten versetzt, eine zweite, gleich breite Straße mit einem Unterbau aus sandigem Kies angelegt. Darüber folgte ein dichter Koffer aus Geröllsteinen, Ziegelfragmenten und an der Oberkante aus Kalktuffstücken. Letztere wiesen eine starke Hitzeüberprägung auf; sie dürften von einem abgebrannten Gebäude stammen. Über der zweiten Straße lag eine stellenweise bis zu 0.5 m mächtige Bauschuttschicht, die in die zweite Hälfte des 3. Jh. n. Chr. zu datieren ist. Ihr heterogenes und teils geschichtetes Erscheinungsbild weist darauf hin, dass sie in sehr kurzer Zeit entstanden ist. Zudem lassen Steinabschläge und Mörtelreste auf das gezielte Ausbrechen von Mauersteinen sowie das Abschlagen von Mörtel schließen. Dies deutet auf einen Abbruch resp. Rückbau von Gebäuden hin. Die zeitliche Nähe der Bauschuttschicht zur inschriftlich in das Jahr 294 n. Chr. datierten Bau der Befestigung auf dem Kirchhügelsporn legt nahe, dass die Steingebäude im Zentrumsquartier vorgängig planmäßig geschleift wurden. Die Bauschuttschicht bildete gleichzeitig den Baugrund. Ein dritter Straßenkoffer, bestehend aus sandigem Kies und vereinzelt auch Bauschuttresten, steht in Zusammenhang mit der Befestigungsanlage.
Über der mächtigen Bauschuttschicht und der jüngsten Straße bildete sich im Verlauf des 4. und zu Beginn des 5. Jh. n. Chr. ein dunkelgrauer, bis 0.5 m mächtiger Silt, der als sog. dark earth gedeutet wird, wie sie schon von anderen Arealen auf dem heutigen Kirchhügel bekannt ist. Gräber von zehn Erwachsenen und vier Kindern, die in diese „dark earth“ eingetieft waren, gehören zu einem bisher nicht dokumentierten mittelalterlichen Friedhofsteil. Die Individuen wurden beigabenlos in gestreckter Rückenlage mit dem Kopf im Nordwesten und mit eng an den Körper gelegten, gestreckten Armen bestattet. Es konnten weder Grabgruben noch Hinweise auf Särge festgestellt werden.
Unter den modernen Befunden sind gemörtelte Fundamentplatten aus Backsteinen zu erwähnen. Sie dienten möglicherweise als Substruktion für den Kanal eines ehemaligen Waschhauses. Ein weiteres Fundament stand wohl in Zusammenhang mit dem dazugehörenden Kamin.
Archäologische Funde: Keramik, Glas, Lavez, Baukeramik, Münzen, Metall. Anthropologisches Material: Knochen. Faunistisches Material: Knochen. Probenentnahmen: Holzkohle, Profilkolonnen. Datierung: archäologisch. Römisch, 1.-4. Jh. n. Chr.; Mittelalter; Neuzeit. KA ZH, M. Roth und Chr. Hégelé.
Winterthur ZH, Oberwinterthur, Hoblandstrasse 14
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Detail des Fundberichts
Gemeinde
Winterthur
Kanton
ZH
Ort
Oberwinterthur, Hoblandstrasse 14
Koordinaten
E 2699195, N 1262595
Höhe
473 m
Signatur Fundstelle Kanton
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Signatur Ereignis Kanton
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Neue Fundstelle
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Probenentnahmen
Holz/Holzkohle, Geoarchäologische Sedimentproben
Analysen
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Institution
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Datum der Fundmeldung
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Oberfläche (m2)
20 m2
Datum Beginn
26 Januar 2021
Datum Ende
09 Juli 2021
Datierungsmethoden
Archäologisch
Autor*in
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Publikationsjahr
2022
Epoche
Römisches Reich
Art der Fundstelle
Siedlung, Bestattung (Gräbergruppe, unbestimmt), Bestattung (Grab)
Art der Untersuchung
Ausgrabung (Rettungsgrabung)
Archäologische Funde
Keramik, Glas, Stein, Metall (Münze(n)/Medaillen)
Knochen
vereinzelte menschliche Knochen, vereinzelte tierische Knochen
Botanische Funde
Holz/Holzkohle
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